Warum gibt es in München Wertstoffinseln?
Zuständig für die Sammlung von Verkaufsverpackungen sind die Dualen Systeme. Der Gesetzgeber hat in den 90er Jahren entschieden, dass dies eine Aufgabe von privaten Firmen und nicht von kommunalen Entsorgern sein soll. Die Kommunen können nur das jeweilige Sammelsystem vor Ort beeinflussen: Wertstoffinseln, gelber Sack, gelbe Tonne oder Direktanlieferung an den Wertstoffhöfen. Der Münchner Stadtrat hat sich damals für ein Bringsystem zu den Wertstoffinseln entschieden, um Verkaufsverpackungen aus Kunststoff, Glas und Metall zu sammeln. Für die Sammlung zuständig sind in München die von den Dualen Systeme beauftragten Firmen Wittmann und Remondis.
2017 hat der Münchner Stadtrat im Abfallwirtschaftskonzept erneut ein Bringsystem verabschiedet. Dies ist die Grundlage für das derzeit bestehende Sammelsystem und die Vereinbarung mit den Dualen Systemen.

Nachteile gelber Sack/gelbe Tonne
Stadthygiene und Ästhetik
Gelbe Säcke, die immer verunreinigte Verpackungen (Plastik, Dosen) enthalten, locken Tiere an. Raben, Ratten, Katzen oder Füchse reißen die Säcke auf, um an Essbares zu gelangen. Starker Wind verweht die Plastiksäcke und deren Inhalt. Des weiteren sind Berge von gelben Säcken kein schöner Anblick und verschönern nicht das Stadtbild. Diese müssten nämlich zu hunderttausenden am Straßenrand an den Sammeltagen gelagert werden.
Sammelmenge
Formal sind die Sammelmengen für Kunststoff/Metall bei Holsystemen (gelber Sack, gelbe Tonne) größer als bei Bringsystemen (Wertstoffinseln, Wertstoffhof). Die Erfahrungen aus anderen Städten zeigen jedoch, dass gelbe Säcke/gelbe Tonnen bis zu50 % Restmüll enthalten (sei es aus Unwissen, Bequemlichkeit oder um Geld zu sparen), insbesondere in großen Wohnanlagen. Wenn das reine Aufstellen einer gelben Tonne zu einer wesentlich besseren Mülltrennung führen würde, wären zum Beispiel nicht noch 40 % Bioabfall im Münchner Restmüll (bei verpflichtenden braunen Biotonnen in jedem Haus/jeder Wohnanlage).
Platzprobleme
Gelbe Tonnen brauchen zusätzlichen Platz vor den Wohnanlagen, der in München kaum vorhanden ist. Durch die städtische Verdichtung ist dies heute mehr denn je ein großes Problem. Müllhäuschen und feste Tonnenstandorte weisen selten Platz für eine weitere Tonne auf (oft ist schon das Aufstellen von Bio- oder Papiertonnen problematisch). Für gelbe Säcke bräuchte es tausende Sammelplätze am Straßenrand für hunderttausende Säcke (in München gibt es über 800.000 Haushalte). Zusätzlich ist das Lagern von gelben Säcken in kleinen Wohnungen (50 % Single-Haushalte in München) bei einer wahrscheinlich 2-wöchentlichen Abholung aus Platz- und Geruchsgründen problematisch.
Vermüllung (Littering)
Auch wenn in München Plastikverpackungen und Dosen/Alu über eine separate Hausabholung gesammelt werden würden, bleiben die Glascontainer im öffentlichen Straßenraum bestehen (zusätzlich zu dem Problem der Ablagerung der gelben Säcke). Das ist auch in benachbarten Großstädten wie Augsburg nach wie vor eine große Herausforderung, da sich hier wilde Ablagerungen - trotz eines Holsystems für Verpackungen - nicht verhindern lassen.
Verkehrsbelastung
Die erforderliche Logistik hinter dem System der gelben Tonnen/gelben Säcke verursacht eine erhebliche zusätzliche Verkehrs- und Luftbelastung. Zusätzlich zu den Müllfahrzeugen des AWM müssten Sammelfahrzeuge der beauftragten Privatunternehmen entweder jedes Haus oder die Sammelpunkte für gelbe Säcke anfahren. Dies würde für weitere Staus und entsprechende Emissionen, insbesondere in Wohngebieten, zu Lasten der Anwohner und der Umwelt sorgen.
Eigenbereitstellung
Durch verschiedene Gerichtsurteile wurde bestätigt, dass die Tonnen nicht von den durch die Dualen Systeme beauftragten Firmen bereitgestellt werden müssen, sondern die Tonnen eigenständig von den Eigentümern oder den Hausverwaltungen jede Tonne an Bürgersteigen bereitgestellt und auch wieder zurückgestellt werden müssen. Bei den Tonnen des AWM (grau, blau, braun) leistet die Müllabfuhr diesen Service im Regelfall. Eine Entsorgung der gelben Tonnen durch den AWM (mit einem entsprechendem Service für die Münchner) wäre sehr unwahrscheinlich, da der AWM die Ausschreibung dafür (selbst wenn er sich bewerben würde) auf Grund der Tariflöhne nicht gewinnen kann.
Diese Eigenbereitstellung würde nicht nur zu erheblichen Zusatzkosten für Hauseigentümer und Mieter (Nebenkosten) führen, sondern auch zu großen Platzproblemen auf Bürgersteigen, Fahrradwegen oder Straßen, da die gelben Tonnen dort eine Weile stehen werden (unter Umständen den ganzen Tag), bis sie geleert und zurückgestellt wurden. Auch für gelbe Säcke gilt dieses Platzproblem, da dafür tausende Sammelplätze am Straßenrand zum Abtransport gefunden werden müssen.
Nachteile der Wertstoffinseln
Auch Wertstoffinseln haben Nachteile. Neben den geringeren Sammelmengen für Plastik/Metall zählen hierzu ein Platzproblem in einer immer dichter bebauten Stadt und Akzeptanzprobleme bei Anwohnern. Allerdings würden die Wertstoffinseln bei Einführung von gelben Tonnen/Säcken nicht verschwinden, da sie immer noch für die Glassammlung benötigt werden. Das heißt Probleme durch Lärm (nächtliche Glaseinwürfe) und wilde Müllablagerungen würden bestehen bleiben. Sowohl für die Standortauswahl als auch die Sauberkeit der Container sind alleine die Dualen Systeme zuständig. Der AWM erteilt nur auf Antrag die entsprechende Sondernutzungserlaubnis.
Zukunft der Wertstoffinseln
Erst wenn durch ein "ökologisches" Verpackungsdesign die Kunststoffsorten verringert werden, weniger chemische Zusätze (Additive) benutzt werden, die Kennzeichnung der verschiedenen Kunststoffe verbessert wird und durch gesetzliche Vorgaben ein Markt für Recyclingkunststoffe geschaffen wird, gewinnt das Sammeln und Recyceln von Kunststoffen wirklich an Bedeutung. Dann wird die Stadt München abwägen, ob die die Vorteile von gelben Tonnen/Säcken die Nachteile für die Münchner Bürgerinnen und Bürger überwiegen.
Die Lösung des Plastikproblems liegt nicht in höheren Sammelmengen und Recyclingquoten (mit Recyclaten, die keiner kaufen will), sondern bei Plastikvermeidung und Plastikreduzierung. Und dies ist eine Aufgabe des Gesetzgebers, von Herstellern und Produzenten, des Handels und der Verbraucher. Die Abfallwirtschaft sitzt am Ende der "Entsorgungsnahrungskette" und hat darauf wenig Einfluss.
Die Stadt München hat einen gültigen Abstimmungsvertrag mit den Dualen Systemen für das System der Wertstoffinseln. Der AWM beobachtet die technischen Entwicklungen sowie die tatsächliche Umsetzung der politischen Entscheidungen sehr genau, um dem Stadtrat, sobald der ökologische Nutzen einer größeren Sammelmenge an Kunststoffen erkennbar wird, einen entsprechenden Entscheidungsvorschlag zu unterbreiten.